Zum "Neben mir gehen"
Es ist, als sei "mein" Jesus in meinen Texten nebst dem guten Hirten vor allem der Wiederauferstandene, dem die Jünger begegnen und ihn nicht erkennen, denn sie sind gefangen in seinem Martyrium, sind gefangen in der Inszenierung der Herren, die mit großen und gewaltigen Bildern operiert, nicht aber den Wanderer auf der Straße erwägt, der die ganze eindrucksvolle Show verwirft.
Vielleicht haben wir auch Himmelfahrt noch nicht wirklich begriffen und sind auch in deren Ikonografie befangen. Vielleicht hat Jesus leise eine Tür geschlossen, durch die wir ihm nicht folgen können, nicht in dieser Welt, und er ist nicht ganz so eindrucksvoll aufgefahren gen Himmel, sondern hinübergegangen, von einem Augenblick zum andern, während die Jünger noch redeten, so wie jemand in der Hitze des Gesprächs bei einer Party plötzlich verschwunden ist.
Bei Luther heißt es in der Apostelgeschichte, Kap. 1:
"7 Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; 8 aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde. 9 Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. 10 Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. 11 Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.
Einige Referenzverse zu Vers 9 (gemäß www.bibleserver.com) sind die folgenden:
Rev. Elberfelder
9 Und als er dies gesagt hatte, wurde er vor ihren Blicken (w. indem sie es sahen) emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg.
Hoffnung für Alle
9 Nachdem er das gesagt hatte, nahm Gott ihn zu sich. Eine Wolke verhüllte ihn vor ihren Augen, und sie sahen ihn nicht mehr.
Gute Nachricht Bibel
9 Während er das sagte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben. Eine Wolke nahm ihn auf, sodass sie ihn nicht mehr sehen konnten.
Einheitsübersetzung
9 Als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.
Neues Leben
9 Nicht lange nachdem er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen in den Himmel aufgehoben und verschwand in einer Wolke.
Ich erlaube mir trotz aller Nennung der "Wolke" und des meistens genannten "Emporhebens" (Ich kenne die Originaltexte nicht!) die Vorstellung eines Bildes, das gesucht wurde, um ein beiläufiges Verschwinden Jesu, mitten in der durch seine Worte entflammten Diskussion, etwas weniger peinlich zu machen. Sogar die beiden Männer, die dann plötzlich da sind und - wieder Luther - sagen:
"Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen."
kann ich mir vorstellen als zwei Stimmen aus der Jüngerschar heraus, in ihrem Schock über das Verschwinden, nicht mehr zuzuordnen später, wer es gesagt hat - War ich es? Vielleicht hab ich es gesagt!
Daß hier unterschiedliche Interpretationen des Geschehens eine Rolle spielten, wird ja in der Pfingstgeschichte deutlich, wo es - Luther - nach dem Pfingstgeschehen heißt:
"13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein."
Nun, meine Betonung des neben uns gehenden Wanderers, der auch wieder verschwunden sein kann, soll einfach eine andere Interpretation sein, die nicht der Trunkenheit bedarf, aber ebensowenig des machtvollen Eindrucks.
Und seit diesen Tagen, seit Jesu letzten Worten und der Pfingstpredigt des Petrus sind mehr als 2000 Jahre vergangen, und wir sollten nicht immer ganz von vorne anfangen sollen!
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